2. OG
Ehemaliges Atelier von Walter Stallwitz
Walter Stallwitz – ein Grenzgänger zwischen figürlicher und informeller Malerei – gehört zur „Garde“ der ersten Generation Mannheimer Künstler der Nachkriegszeit. Sein zentrales und konsequent umgesetztes Anliegen war, sich dem Menschen und seiner räumlichen Umgebung zu widmen.
"Warum ich Künstler geworden bin ..."
Biografisches
Eine klassische Nachkriegsbiografie: 1929 in Mannheim geboren, sollte der junge Walter Stallwitz noch in den letzten Kriegstagen eingezogen werden, was seine Eltern verhindern konnten. Mit einer Lehre als Maler und Tüncher sollte er zum klammen Familieneinkommen beitragen. Aber er brach die Lehre ab und studierte lieber mit 17 Jahren an der Freien Akademie Mannheim (1946 bis 1950) bei Paul Berger-Bergner, Carl Trummer und Cherlé (eigentlich Franz Albert Schumacher), der am ehesten den philosophischen Interessen seines Studenten nachkam.
Wie viele seiner Kommilitoninnen und Kommilitonen ging er an die Sommerakademie in Salzburg von Oskar Kokoschka, von dem er auch eine zeittypische Anerkennung seiner Kunst erfuhr: Der berühmtere Künstler bescheinigte ihm, dass er „künstlerisch zu Hoffnungen berechtigt (sei), falls er nicht verhungert im prosperierenden Deutschland“.
Lebensthema Mensch und Porträt
Sein Lebensthema wurde der Mensch und sein Umfeld, die Soziologie und die Psychologie in Verbindung mit Kunst. Stallwitz hat immer viel gelesen, diskutiert und nachgedacht. „Der ausgesparte Mensch“, wie eine Ausstellung der Kunsthalle einmal betitelt war, besagt das genau, aber Stallwitz geht es um die Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit jedes einzelnen Menschen.
So wurden Porträts seine große Leidenschaft, er machte sich schon in den 1970er Jahren einen Namen mit den Konterfeis von Willy Brandt, Günter Grass, Heinz Fuchs oder Robert Häusser. Das Festhalten auf der Bildfläche mit Tupfen, Taches (Flecken), das ständige Experimentieren, bis der Bildgegenstand wirklich erfasst ist und auf der Bildfläche erscheint.
Aber künstlerisch wichtig waren ihm auch seine Schlingen- und Schattenbilder, die immer auch von der Entfremdung des Menschen in seiner Welt sprechen. Auch seine Kandelaber-Bilder, die verschwimmen in ihrer großartigen Farbigkeit bei gleichzeitigem Verschwinden der sichtbaren Formen im tiefen Raum.
Seine philosophische Grundhaltung war zutiefst pessimistisch, was den Menschen und seine Umwelt angeht, aber die Malerei hat ihn immer gerettet, das reine Schauen, denn er hätte immer nur sitzen und schauen können, auf den Menschen überall auf der Welt. Und dass er leidenschaftlich gern Tischtennis gespielt hat, wissen die ehemaligen Freunde und die Eingeweihten ...
Die Sternwarte als Motiv
Er hat einige Gemälde angefertigt die die Architektur der Sternwarte, die Fenster und das einfallende Licht thematisieren. Fensterbilder, die großartige Farbräume erschaffen, ein Flirren und Glitzern erzeugen, und immer wieder ganz irreale Räume, in denen der Betrachtende sich verliert.
Sein Atelier in der Sternwarte ist noch erhalten und die Künstlernachlässe Mannheim, die seinen Nachlass verwalten werden, wollen dafür sorgen, dass es erhalten bleibt, auch als Zeitzeugnis eines großen kritischen Geistes und großen Mannheimer Künstlers.
Kunst am Bau - Die Türen der Sickinger-Schule (T 4/T 5) von 1963
2011 wurde die Sickinger-Schule in T 4 / T 5 geschlossen und 2012 abgerissen. 16 der 25 Klassenzimmer-Türen, die Walter Stallwitz gestaltet hat, hat er zum Erhalt im August 2011 ausgewählt.
Die Gestaltung der Türen waren 1963 für ihn der erste große Auftrag für Kunst am Bau der Stadt Mannheim, den er zusammen mit dem Fotografen Hans-Jörg Soldan ausführte.
Die Türen zeigen Motive aus der ganzen Welt oder gehen thematisch auf Unterrichtsfächer ein, z. B. Physik, Chemie. Walter Stallwitz war es wichtig, dass die Türen individuell waren. Sie zeigen eine Reise um die ganze Welt – da gabelt sich der Nil zum Delta, da sieht man die Umrisse des Mittelmeers –, sie zeigen Motive der Inkas, Mayas oder der Pharaonen.
Die Türen der Vorschulklassen zeigen eine „kindgerechte“ Geografie verschiedener Kontinente und deren typische Tiergattungen: Um die Umrisse der Antarktis gruppieren sich Pinguine und Seeleoparden. Die Tür des Chemielabors zieren Retorten und Reagenzgläser, die des Handarbeitszimmers pastellartig gemalte Garnrollen.
Die Idee zu der damals ungewöhnlichen Flächengestaltung kam vom bauplanenden Architekten Eberhard Rohrer. Sie wurden von der Firma Resopal in Groß-Umstadt hergestellt. Die Bilder und die Fotos wurden auf bemalten, übereinandergeschichteten Zellulosebögen aufgebracht und durch Unterdruckverpressung mit einer durchsichtigen Kunstharzschicht bedeckt.
Diese Kunstharzschicht schützt gegen Beanspruchung und Abnutzung – und auch nach fast 50 Jahren Schulbetrieb sind die Türen noch sehr gut erhalten. Diese Technik war in den 60er Jahren en vogue – wer kennt diese Technik nicht von den berühmten Nierentischchen!
Die hauseigene Zeitschrift von Resopal warb mit dem Verfahren als „neuzeitlich interessantes Gestaltungsmittel von bleibendem Wert“ und praktischen Hinweisen zur Montage. Auch HAP Grieshaber nutzte diese Technik und gestaltete so eine Wand in der Mensa der Universität Frankfurt/M.