Implementation of Geocentrism, 2021

Wird man im Nachthimmel in Zukunft noch Sterne sehen? Oder wird deren Sicht von tausenden Satelliten für immer verdeckt werden?

In den vergangenen Jahrzehnten hat der Mensch dem Erscheinungsbild des Nachthimmels mit den Satelliten etwa 2.000 neue Himmelskörper hinzugefügt. Wie auf Perlenketten aufgereiht, so scheint es, umkreisen sie als leuchtende Punkte die Erde.  Bis 2027 werden ihnen – so haben es die Vereinten Nationen bereits genehmigt – 12.000 Satelliten folgen. Nochmals bis zu 30.000 weitere sind in Planung. Der Sternenhimmel der Zukunft wird sich also eher um die Erde drehen. Er wird aller Wahrscheinlichkeit nach die Beobachtung des bisher bekannten Nachthimmels grundlegend verändern, vielleicht das Sehen des Universums für immer verhindern. Dabei ist der Nachthimmel seit jeher auch göttliche Sphäre spiritueller Wahrheit. Sein Erscheinungsbild ist Projektionsfläche philosophischen Denkens und Wissens über den Kosmos sowie Konstante und Zukunftsweiser.

Was macht es mit den Menschen, wenn sich der Sternenhimmel samt Satelliten in Zukunft um die Erde drehen wird? Ist das die Projektionsfläche, in der wir neue Antworten finden können? Und welche Namen werden wir wohl unseren neuen Sternbildern geben?

Eva Gentners Sternbilder aus der Serie "Implementation of Geocentrism" (dt. Die Verwirklichung des Geozentrismus) machen hierfür Vorschläge. Die Benennung der neuen Sternbilder erfolgt nun willkürlich durch Begriffe aus der Computer- und Weltraumtechnik sowie nach Hoffnungsträgern der Naturwissenschaft des 21. Jahrhunderts, deren Namen bereits eine eigenartige Spiritualität suggerieren.

Ursprünglich stand die Namensgebung von Sternen und Planetenkonstellationen ja in der Tradition des Kolonialismus. Im Zeitalter der europäischen Expansion wurden die damals unbekannten Sternbilder der südlichen Hemisphäre nach den Forschern bekannten Gegenständen, an die sich erinnert fühlten, wie z. B. Luftpumpe, Zirkel, Mikroskop oder Pendeluhr benannt. Diese eher vergnüglichen Namensgebungen kontrastierten mit dem Glauben an den wissenschaftlichen Fortschritt und die neuzeitliche Revolution.

Die neuen Sternbilder wurden von Eva Gentner auf historischem Papier (aus dem Jahr 1837) gezeichnet und erinnern so an Darstellungen aus historischen Himmelsatlanten.

Die Serie wird durch eine Webseite von ihr (www.implementation-of-geocentrism.com) ergänzt, die per Zufallsgenerator weitere digitale Sternbilder entwickelt.

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